Der "Verein der Freunde der GSS"

Damals, vor 30 Jahren war die Geschwister-Scholl-Schule noch die integrierte Gesamtschule, in der anders gelernt, gelehrt und in anderen Formen miteinander umgegangen werden sollte als in herkömmlichen Schulen: Mitverantwortung, Mitbestimmung und Demokratie auf allen Ebenen zu wagen, hatte einen großen Stellenwert. Die Gesamtschule gibt es nicht mehr, aber die Gedanken von Innovationsbereitschaft, Solidarität, Selbstverantwortung, Engagement sind nach wie vor lebendig geblieben.

Seit seiner Gründung im Jahre 1975 hat sich der Verein der Freunde der GSS e.V. zum Ziel gesetzt, in diesem Sinne die soziale und kulturelle Arbeit von Hauptschule, Realschule und Gymnasium unter dem Dach der GSS zu fördern und sich außerhalb des Klassenzimmers um das Leben und die Kommunikation zwischen Eltern, Lehrern und Schülern zu bemühen.

Bauernhaus in Zimmern

Der Verein schuf dazu den Rahmen, als er 1981 ein Bauernhaus in Zimmern u.d. Burg erwarb. Wie die Schülergenerationen der letzten 20 Jahre haben sich auch im Jahr 2001 manche Leistungskurse in Zimmern eingenistet, um mit ihren Kurslehrern Gleichungen, Literatur, Geschichtszusammenhänge, Kunstgeschichte oder französische Grammatik für das Abitur zu pauken. Auch eine Theatergruppe erarbeitete ihre Inszenierung in Zimmern.

Die SMV unter Regie des Schulsozialpädagogen Rainer Borst hat dort erfolgreich ihre Vorhaben erarbeitet, vor allem ihr Projekt "Schule als Staat".

Damit in Zukunft Schulklassen mit bis zu 30 Schülern Freizeiten in Zimmern verbringen können, muss das Haus umgebaut werden. Auch in diesem Jahr war die langjährig erfahrene Bautruppe der GSS sehr aktiv: Die Baulehrer Rainer Borst, Walter Hagmann, Martin Lang und Andreas Reinert haben zusammen mit vielen "Bauschülern" aus allen drei Schularten unter der Anleitung des Architekten Ulrich Neuscheler Erhebliches geleistet.

Die Fassade bekam einen neuen Anstrich, das Dach wurde neu gedeckt, so dass mit der Innenisolierung des Daches in der bisher nicht ausgebauten Scheune begonnen werden konnte. Um ein zweites Matratzenlager zu errichten, wurde hier mit dem Bau einer Zwischendecke begonnen. Im ganzen Haus sind neue Lampen installiert worden, die Herr Neuscheler günstig besorgt hat.

So wie die Gründungsmitglieder des Vereins den Stab an jüngere Eltern weitergeben, hat sich auch unter den Bauschülern dieses Jahr eine völlig neue, engagierte Baugruppe aus Sieben- und Achtklässlern gebildet, die meisten "Alten" haben ihre Schulzeit abgeschlossen oder sind mit Abiturvorbereitungen beschäftigt.

Die Bautermine stehen schon bis Juli 2002 fest. Der Innenausbau des neuen Matratzenlagers und des neuen Essraumes im ehemaligen Kuhstall sollen vorangebracht werden, die Küche wird erweitert und der neue Eingangsbereich ausgebaut werden.

Zeitzeugenreihe

Als Mitte der 80iger Jahre aus der Gesamtschule die Geschwister-Scholl-Schule wurde, sah es der Verein als seine Aufgabe an, an die Zivilcourage der Geschwister Scholl und ihrer Freunde der "Weißen Rose" zu erinnern. So veranstaltet er immer wieder Begegnungen mit Zeitzeugen.

Im Juni 2001 nahm der Vereinsvorstand auf Einladung des Elternbeirats an der Fahrt nach München zu der Gedenkstätte der "Weißen Rose Stiftung" teil. Unvergessen ist die Begegnung mit Franz Müller, dem jüngsten Mitglied der "Weißen Rose", dessen lebendige Schilderungen tiefen Eindruck hinterlassen haben. Bei diesem Zusammentreffen sagte Herr Müller dem Verein zu, anlässlich des Holocaustgedenktages am 28. Januar 2002 zu einem Zeitzeugengespräch in die Geschwister-Scholl-Schule zu kommen.

Durch Kontakt mit der Geschichtswerkstatt Tübingen konnten wir im Jahre 2000 die zwei Zeitzeugen Arnold Marque, Sohn des letzten Kantors an der Tübinger Synagoge, und Prof. Dr. R.S. Koppel, Enkel des Tübinger Rechtsanwalts und Gemeinderatsmitglieds Dr. Simon Hayums, für Gespräche in der Geschwister-Scholl-Schule gewinnen.

Im Jahr 2001 wollten wir in dieser Reihe mit einem weiteren Abend einen neuen Akzent setzen. Leider werden eines Tages keine Zeugen aus der Zeit der Geschwister Scholl mehr anzutreffen sein. Daher beschäftigt uns die Frage, wie wir diese Reihe im Geiste der Geschwister Scholl fortsetzen können. So sind wir zu dem Entschluss gekommen, Persönlichkeiten einzuladen, die die Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik mit geprägt haben oder heute Zivilcourage zeigen, für Menschenrechte einstehen und gegen Unrecht und Missstände aufstehen.

Den Anfang machte eine Abendveranstaltung mit Jörg Fischer, einem jungen Aussteiger aus der rechtsradikalen Szene um die DVU. Eingeladen von der Fachschaft Deutsch zur schulinternen Gestaltung des Holocaust-Gedenktages 2001, schilderte er vor Schülern, Eltern , Kollegen und interessierten Bürgern eindrücklich die antidemokratische Arbeitsweise und die Verfilzungen in der rechtsradikalen und neonazistischen Szene in der Bundesrepublik.

Außerdem hat der Verein zusammen mit dem Elternbeirat die erstmalige Verleihung des Lilly-Zapf-Preises am Holocaust-Gedenktag 2002 im Rathaus mitgestaltet. Auf Initiative von Tübinger Bürgern und unter Mitwirkung des Jugendgemeinderates hat er den Preis an Jugendliche verliehen, die sich besonders durch Engagement und Zivilcourage ausgezeichnet haben.